Einseitig-starre Preisbildungsverfahren: Einfach, aber häufig nicht wettbewerbsfähig
Unternehmen greifen bei der Preisbildung auf scheinbar bewährte Methoden zurück – Kosten plus Marge, pauschale Erfahrungswerte oder feste Aufschläge. Diese Verfahren haben den Vorteil, einfach umsetzbar zu sein. Doch sie sind selten geeignet, um unter heutigen Marktbedingungen erfolgreich zu bestehen.
Einseitig-starre Preisbildungsansätze ignorieren zentrale Einflussgrößen wie Wettbewerb, Nachfrageverhalten, Zahlungsbereitschaft oder Marktpositionierung. Dadurch entsteht ein Preis, der zwar intern nachvollziehbar ist – aber am Markt vorbeigehen kann.
In diesem Beitrag wird erläutert, was einseitig-starre Verfahren auszeichnet, warum sie oft nicht mehr genügen, und welche Risiken sie in dynamischen Märkten bergen. Gleichzeitig werden Ansätze aufgezeigt, wie Unternehmen sich schrittweise aus dieser Starrheit lösen können.

Inhalte
- Was sind einseitig-starre Preisbildungsverfahren?
- Warum diese Verfahren (noch) so weit verbreitet sind
- Die strukturellen Schwächen starrer Preisbildung
- Marktbeispiele: Wo starre Preisbildung zum Risiko wird
- Vom starren zum flexiblen Preismanagement
- Fazit: Preisbildung ist keine Rechenaufgabe, sondern Führungsaufgabe
Was sind einseitig-starre Preisbildungsverfahren?
Einseitig-starre Preisbildungsverfahren bezeichnen Methoden der Preisfindung, die ausschließlich auf internen Faktoren beruhen, ohne die Marktseite aktiv einzubeziehen. Sie folgen einem festen Schema, unabhängig von Wettbewerb, Nachfrage oder Preiselastizität.
Typische Beispiele sind:
- Kosten-Plus-Kalkulation: Selbstkosten + prozentuale Marge
- Zuschlagskalkulation nach Erfahrungswerten
- Festpreise auf Basis historischer Werte oder Produktkataloge
- Einheitspreise für komplette Sortimente ohne Differenzierung
Diese Verfahren gelten oft als „sicher“, weil sie intern nachvollziehbar, kontrollierbar und einfach umsetzbar sind. Doch genau darin liegt ihr Problem: Sie blenden zentrale Marktfaktoren aus und erzeugen so eine trügerische Sicherheit.
Warum diese Verfahren (noch) so weit verbreitet sind
Trotz ihrer Schwächen werden starre Preisbildungsverfahren in vielen Unternehmen weiterhin angewendet. Die Gründe dafür sind vielfältig:
Einfachheit
Die Berechnung ist leicht vermittelbar und in gängige Systeme integrierbar. Es braucht keine Marktbeobachtung, keine Analysemodelle, keine Prognosen.
Historische Prägung
Viele Branchen, insbesondere im produzierenden Mittelstand, arbeiten seit Jahrzehnten mit Zuschlagskalkulationen. Die Verfahren sind etabliert und oft tief in den Prozessen verankert.
Fehlende Datenbasis
Ein dynamisches Preismanagement erfordert Marktdaten, Preisvergleiche, Nachfrageanalysen oder Preiselastizitäten. Diese Informationen fehlen häufig oder sie sind vorhanden, werden aber nicht genutzt.
Interne Logik dominiert
Gerade im Controlling gilt: Ein Preis, der sich intern aus den Kosten ableitet, erscheint sauber und begründbar. Doch ob er marktfähig und margenoptimal ist, bleibt dabei offen.
Die strukturellen Schwächen starrer Preisbildung
Einseitig-starre Verfahren weisen in dynamischen Märkten zentrale Nachteile auf:
Kein Bezug zum Marktumfeld
Weder die Zahlungsbereitschaft der Kund:innen noch das Preisniveau der Wettbewerber:innen fließen in die Preisbildung ein. Der Preis kann zu hoch oder zu niedrig liegen, ohne dass es erkannt wird.
Risiko unrealistischer Margen
Ein starr kalkulierter Preis suggeriert Wirtschaftlichkeit, doch ohne Marktvalidierung kann die tatsächliche Marge stark abweichen. Zu niedrige Preise gefährden die Rentabilität, zu hohe Preise verhindern Abschlüsse.
Verlorene Umsatzpotenziale
In Segmenten mit hoher Preisbereitschaft bleibt Wertschöpfung ungenutzt. Gleichzeitig werden preissensible Kunden ohne Differenzierung abgeschreckt.
Ungeeignet für volatile Märkte
In Branchen mit starken Nachfrage- oder Kostenfluktuationen (z. B. Rohstoffe, Energie, Logistik) scheitern starre Verfahren regelmäßig an der Realität.
Marktbeispiele: Wo starre Preisbildung zum Risiko wird
B2B mit hohem Verhandlungsanteil
In Geschäftskundensegmenten, wo Rabatte, Skonti und Sonderkonditionen zum Alltag gehören, ist ein starres System ohne Spielräume nicht durchsetzbar. Der Vertrieb benötigt Flexibilität, Leitplanken und Entscheidungsfreiheit – nicht feste Listenpreise.
Plattformökonomie und E-Commerce
Online werden Preise transparent verglichen. Starre Preise ohne Marktbeobachtung können in Sekunden als unattraktiv erscheinen und Kunden abwandern lassen. Preisalgorithmen der Wettbewerber reagieren oft stündlich – statische Modelle verlieren hier den Anschluss.
Märkte mit Innovationsdruck
Bei schnell drehenden Sortimenten, technischen Entwicklungen oder Innovationsprodukten kann ein fixierter Preis an der Realität vorbeigehen, weil Wert und Nutzen vom Markt erst gelernt werden müssen.
Vom starren zum flexiblen Preismanagement
Der Weg raus aus starren Verfahren ist kein radikaler Bruch – sondern eine strategisch kontrollierte Weiterentwicklung. Erste Schritte:
Marktanalysen etablieren
Welche Preise setzen Wettbewerber? Welche Preispunkte sind marktüblich? Wie reagiert die Nachfrage auf Preisveränderungen? Bereits eine systematische Marktbeobachtung liefert neue Perspektiven.
Preisdaten analysieren
Eigene Absatzdaten lassen oft Rückschlüsse auf Preiselastizität, Schwellen oder Erfolgsgrenzen zu. Auch qualitative Vertriebsdaten können Hinweise geben.
Preisstrategie differenzieren
Nicht jeder Kunde muss denselben Preis zahlen. Nach Segmenten, Kanälen oder Volumina differenzierte Preismodelle bringen Flexibilität und höhere Marge.
Preisverantwortung verteilen
Der Vertrieb benötigt Preiskompetenz, aber mit klaren Leitlinien. Incentivierung nach Ertrag statt Umsatz und ein zentral abgestimmter Rahmen stärken die Umsetzungsfähigkeit.
Systeme einführen
Mit wachsender Komplexität wird professionelle Unterstützung nötig: Preis-Tools, CRM/ERP-Anbindung, digitale Angebotskalkulation oder sogar KI-gestützte Preisoptimierung.
Fazit: Preisbildung ist keine Rechenaufgabe, sondern Führungsaufgabe
Einseitig-starre Preisbildungsverfahren vermitteln Sicherheit, doch sie bieten keine Lösung für dynamische Märkte, differenzierte Zielgruppen und wachsende Wettbewerbskomplexität. Wer Preis ausschließlich als Rechenergebnis versteht, verschenkt wirtschaftliches Potenzial.
Moderne Preisbildung ist datenbasiert, differenziert und marktbezogen. Sie braucht Analyse, Systematik und Mut zur Veränderung. Und vor allem: Sie ist keine Aufgabe der Buchhaltung, sondern eine zentrale strategische Führungsdisziplin.
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